7,5 Tonner, Mercedes, Diebels Alt, Getränke Reuters aus Düsseldorf überholt mich. Litauisches Kennzeichen. Allerdings ist das nicht das begehrteste Fahrzeug. Da ist offensichtlich der 80-er Audi und seine Nachfolgemodelle das Objekt der Begierde, im Rang danach alle VW-Modelle.
Meine Dachgeberin, in Jaburkas an der Memel, ein B&B, spricht deutsch. Rings ums Haus ein sehr schöner Garten, im Vergleich zu meinen bisherigen Eindrücken, ungewöhnlich gut gepflegt. Sie bittet mich noch in Englisch geschriebene Anfragen an Sie zu übersetzen, ansonsten müsste sie ihren Enkel aufwecken.
Kalt und Himmel grau, so spure ich auf die Landstraße in Richtung Ostsee ein. Es geht gut voran, obwohl der Wind mich von vorne anbläst.
Am Mittag geht der Himmel auf. Wärmende Sonnenstrahlen, die dicke Radjacke wandert auf den Gepäckträger. Zweites Frühstück an der Bushaltestelle. Nach dem Erreichen von Silute, sind es nur noch 16 km bis zur Küste. Freue mich gewaltig, als ich den ersten Blick auf die See bekomme. Es ist so wie auf der Karte dargestellt, vorne das Haff, dahinter die kurische Nehrung mit ihren markanten Dünen. Bin begeistert. Restlos vom Hocker haut mich dann der Campingplatz. Dieser ist das Tagesziel gewesen, ohne daß ich eine Vorstellung davon hatte, welch ein traumhafter Ort das ist.
Meine Wahl war damit begründet, das dieser Platz direkt an der kleinen Personenfähre liegt, welche eine Überfahrt nach Nida, auf der Nehrung liegend, bietet.
Die Landzunge muss landschaftlich sehr reizvoll sein und lässt sich mit einer eigens für Radfahrer angelegten Straße bequem in ihrer gesamten Länge von etwa 45 km erkunden.
Anders, als ich es bisher wahrnehmen durfte, stehen Zelte und nicht die Wohnmobile in der ersten Reihe. Unter hohen Bäumen auf einer saftigen Wiese direkt an der Wasserkante. Nicht zu toppen. Dazu freie Auswahl und angenehme Abstände zu den, so wie ich, vom Platz begeisterten Nachbarn.
Ein Ticket für die Fähre, die um 9 Uhr ihre 15 km lange Überfahrt aufnimmt, habe ich auch schon.
Auf dem Platz treffe ich auf ein Ehepaar, beide um die 70 Jahre alt, aus Würzburg. Sie haben mit dem Erreichen der Ostsee eine dreiwöchige und 400 km lange Bootstour auf der Memel beendet. Sie erzählen von ihren Erlebnissen. Mangels Informationen über Unterkünfte, sind sie viele Tage ohne äußere Versorgung unterwegs gewesen. Die Stopps für die Nacht wurden durch Auskundschaften der Ufer gefunden. Dabei durfte wegen der Grenze zu Kaliningrad nur das rechte, das litauische Ufer verwendet werden. Grenzwertige Paddelei.
Bereits gestern und auch heute sehe ich andere Fernradler. Denke, daß die Gepäckmenge ein hinreichendes Indiz für diese Annahme sein dürfte. Vermutlich bündelt sich der Fernreiseverkehr hier alleine durch die Oblast Kalliningrad. Im weiteren Verlauf an der Küstenlinie vorbei, wird es sicherlich eine ähnliche Bündelung geben.
Nun noch, wie alle anderen auch, den Sunset auf die Nehrung fotografisch festgehalten.